Das Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln – energetische Modernisierung von Gebäuden des Einzelhandels“ hat die dena in den Jahren 2016 - 2018 umgesetzt. Ziel dieses Modellvorhabens war es, Wege aufzeigen, wie die großen Energiesparpotenziale im Handel wirtschaftlich erschlossen werden können und wie sich die bestehenden Hemmnisse bei der energetischen Gebäudesanierung im Einzelhandel lösen lassen. Dafür sollten vorbildliche Effizienzprojekte, die sich zur Nachahmung in der Branche eignen, geschaffen und sichtbar gemacht werden.
Die dena begleitete die Händler und ihre Effizienzexperten durch Beratung und Unterstützung bei der Sanierung, dem Austausch im Netzwerk und bei der Kundenkommunikation. Durch die langjährige und intensive Zusammenarbeit erhielt die dena einen umfassenden Einblick in die Besonderheiten der Branche.
Gegenstand & Inhalt
Kern des Modellvorhabens war ein intensiver Energieberatungsprozess, aus dem heraus Ansätze für wirtschaftlich umsetzbare Effizienzmaßnahmen entwickelt werden sollten. Ziel war eine geplante Energieeinsparung zwischen 30 und 40 Prozent, die durch mindestens je eine Maßnahme an der Technik und an der Hülle erreicht werden sollte. Wichtig dabei war die Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen. Dafür waren ein energetisches Sanierungskonzept und darauf aufbauend eine detaillierte Ausführungsplanung für das Sanierungsvorhaben gefordert.
Teilnehmer
Für die Teilnahme am Modellvorhaben konnten sich Handelsunternehmen jeder Branche, Eigentümer von Handelsgebäuden oder auch Immobilienverwalter bewerben. Gemeinsame Bewerbungen von Händlern und Eigentümern waren ausdrücklich erwünscht.
Eine Fachjury wählte 2017 rund 25 Unternehmen aus ganz Deutschland als Teilnehmer des Modellvorhabens aus. Das bunte Spektrum reichte von Vertretern großer Ketten wie Aldi, netto, Edeka, Globus oder Toom über lokale Händler aus dem Lebensmittel-, Sanitär- oder Textilbereich, einem Shopping-Center, einem Kaufhaus, einem Autohaus, Immobilienverwaltern bis hin zu zwei Dorfläden. Entsprechend waren alle wichtigen Akteursgruppen des Einzelhandels vertreten.
Hier erhalten Sie einen Eindruck von den Teilnehmern und ihren Ambitionen für ihr Gebäude >
Ablauf & Meilensteine
Im Mittelpunkt des Modellvorhabens stand vor allem die Planung des Sanierungsvorhabens:
- Ein qualifizierter Experte analysierte das Gebäude bei einem Vor-Ort-Termin und führte eine Energieberatung durch. Solch eine Beratung kann über das BAFA-Programm „Energieberatung im Mittelstand“ mit bis zu 80 Prozent der Kosten gefördert werden.
- Auf Basis des Vor-Ort-Termins entwickelte der Experte ein energetisches Sanierungskonzept für das Gebäude, das verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten und Sanierungsvarianten darstellt und dabei auch die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen bewertet.
- Der Eigentümer wählte aus den dargestellten Sanierungsvarianten das passende Maßnahmenpaket für sein Gebäude aus. Dann erstellte ein Planungsbüro die Ausführungsplanung für das Sanierungsvorhaben.
- Auf Basis der Ausführungsplanung wurde letztendlich ein Abschlussbericht erstellt.
Die Umsetzung der Modernisierungsmaßnahmen war kein verpflichtender Bestandteil des Modellvorhabens, dennoch haben einige Teilnehmer ihre Maßnahmen bereits während der Laufzeit umgesetzt.
Vorgaben & Ziele
Bei der Planung ihres Sanierungsvorhabens mussten die Teilnehmer einige Vorgaben einhalten:
- Die geplanten Effizienzmaßnahmen sollten Energieeinsparungen von mindestens 30 bis 40 Prozent Strom und/oder Wärme ermöglichen. Der Prozentwert der Einsparung richtet sich dabei nach dem Energieverbrauch vor der Sanierung.
- Durch welche Modernisierungsmaßnahmen die Energieeinsparung erreicht wird, war nicht im Detail vorgegeben. Es musste aber mindestens eine Effizienzmaßnahme im Bereich der Anlagentechnik und eine Maßnahme im Bereich Gebäudehülle (inkl. Fenster und Türen) berücksichtigt werden.
Ergebnisse
Von den ursprünglich 25 Bewerbern haben 14 die Anforderungen des Modellvorhabens erfüllt, indem der Energieberatungsprozess durchlaufen und darauf aufbauend ein Umsetzungskonzept erarbeitet wurde. Auf dieser Basis wurden Investitionen in Höhe von 4,4 Millionen Euro geplant. Damit könnten pro Jahr fast 3.000 MWh eingespart werden.
Darüber hinaus haben fünf Teilnehmer die geplanten Sanierungsmaßnahmen trotz der kurzen Laufzeit des Pilotprojekts bereits umgesetzt und damit die Bedingungen des Projekts sogar übererfüllt. Dabei reicht die Bandbreite in der Umsetzung von Komplettsanierungen über größere Maßnahmen im Bereich der Beleuchtung und Heizungstechnik bis hin zu Einzelmaßnahmen mit dem Schwerpunkt auf Kälte- und Klimatechnik. Auch Investitionen in die Gebäudehülle wurden getätigt, insbesondere in den Bereichen Fenster und Dach. Weitere neun Händler haben Teilmaßnahmen aus dem Sanierungskonzept umgesetzt oder planen die Umsetzung zeitnah.
Die übrigen Einzelhändler konnten den Beratungsprozess nicht erfolgreich abschließen oder mussten den Maßnahmenprozess abbrechen. Die Gründe dafür sind vielfältig: So waren Fragen der Prioritäten und personellen Ressourcen gerade für die kleinen und mittleren Händler zentral. Aber auch die Lage im Wettbewerb können als Hindernisse benannt werden. Insgesamt macht dies deutlich, dass die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz keinen Selbstläufer sind, es zugleich aber durchaus Lösungen zur Überwindung der identifizierten Hemmnisse gibt.
Erkenntnisse
Damit haben mehr als die Hälfte der Teilnehmer umfangreiche Maßnahmen umgesetzt bzw. stehen kurz vor der Umsetzung. Folgende Türöffner und Treiber lassen sich für die Umsetzung von Maßnahmen festhalten:
- Die Händler sind von den Vorteilen von Investitionen in Nachhaltigkeit und Energieeffizienz überzeugt.
- Eine engagierte Energieberatung überzeugt den Händler von weiteren Investitionen.
- Bestehende Sanierungsanlässe (z. B. Filialmodernisierung) dienen als Aufhänger für energetische Maßnahmen, um die Wirtschaftlichkeit der Investition weiter zu erhöhen.
- Teilnehmer greifen Anregungen anderer Teilnehmer für Maßnahmen auf und profitierten dabei von bereits gemachten Erfahrungen bei Planung und Umsetzung.
Best Practice I: Netto Marken-Diskount - Nachhaltiges Energiekonzept
Netto ist Mieter der Immobilie, die im Jahr 2005 südöstlich von Berlin errichtet wurde. Am Modellvorhaben teilgenommen hat der Händler gemeinsam mit seinem Vermieter (BEMA Grundstücksverwaltung/ CEV Handelsimmobilien).
Vor der Sanierung wurde ein ganzheitliches Audit mit dem Ziel der Senkung der Nebenkosten und der Reduktion des CO2-Ausstoßes durchgeführt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der gesamte Netto-Markt energetisch umgekrempelt: Von der Modernisierung der Fassade und dem Austausch von Fenstern und Türen über den Umstieg auf effiziente Kälte-, Heizungs- und Lüftungsanlagen bis hin zum Einsatz von LED-Beleuchtung und der Implementierung eines betrieblichen Energiemanagements reichten die Maßnahmen. Damit konnte eine zweistellige Einsparung im Wärmebereich sowie eine Senkung des Stromverbrauchs um rund 30 Prozent realisiert werden. Besonders erfreulich: Aufgrund der positiven Erfahrungen in dieser Filiale soll künftig die Beratung zu Energieeffizienz bei jeder geplanten Filialrevitalisierung fester Bestandteil werden.
Best Practice II: toom Baumarkt - Vom guten Beispiel lernen
Mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet sich toom Baumarkt, den CO2-Ausstoß pro Quadratmeter zu halbieren. Basierend auf vier Nachhaltigkeitssäulen hat sich toom zum bewussten und fairen Umgang mit Ressourcen, der Umwelt sowie den eigenen Mitarbeitern und der Gesellschaft verpflichtet.
Eine der vier Säulen von toom umfasst die Themen Energie, Klima und Umwelt und beschäftigt sich insbesondere damit, wie die Märkte ressourcenschonend betrieben werden können. Dabei geht es hauptsächlich um die effiziente Nutzung von Strom, Wärme und Wasser. Der Baumarkt in der Nähe von Darmstadt steht dabei für weitere 340 Märkte, die bislang energetisch noch nicht modernisiert wurden. Im Rahmen des Modellvorhabens wurde die im Jahr 1986 erbaut Filiale energetisch optimiert. Das Ziel einer 30-prozentigen Energieeinsparung wurde durch ein ganzes Maßnahmenbündel erreicht: Die alte Gas-Niedrigtemperaturheizung wurde durch eine Gasbrennwertheizung in Kombination mit dem Einbau von Effizienzpumpen und einer modernen Heizungssteuerung ersetzt. Zudem wurde die gesamte Beleuchtung auf LED mit einer entsprechenden Lichtsteuerung umgestellt. Damit zeigt die südhessische Filiale, wie wirtschaftlich die CO2-Reduktion sein kann.
Best Practice III: Dorfladen Otersen - Bürgerschaftlicher Klimaschutz
Der Dorfladen Otersen im Zentrum Niedersachsens ist ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Neben dem Ladengeschäft gehört auch ein ehrenamtlich betriebenes Café sowie eine vermietete Wohnung zum Gebäudekomplex.
Ein Dorfladen in Otersen nutzt ein 200 Jahre altes Fachwerkhaus und schafft es dennoch in Sachen Klimaschutz ein moderner Vorreiter zu sein. Obwohl der Dorfladen energetisch schon recht gut aufgestellt war – das Gebäude ist seit 2010 umfassend gedämmt und verfügt über eine Photovoltaikanlage – hat er am Pilotvorhaben teilgenommen und ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Denn auf Basis einer umfassenden Energieberatung und der Messung der Verbräuche konnten genau die Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, die zu einer Einsparung von fast 30 Prozent beigetragen haben. Im Zentrum stand dabei der Einsatz moderner Kältetechnik und der Austausch der Beleuchtung. Ganz entscheidend bei der Finanzierung der Investitionen war das Vorhandensein eines Förderangebots zur Umstellung auf eine moderne CO2-Kälteverbundanlage. Damit kann der Dorfladen, an dem 160 Parteien bürgerschaftlich beteiligt sind, wirtschaftlich arbeiten und seine zentrale Rolle als Einkaufsort und Zentrum des dörflichen Lebens weiter übernehmen – und ist zugleich Vorreiter in Sachen Klimaschutz für die übrigen weit über 200 Dorfläden in Deutschland.
Best Practice IV: Mode Ebbers - Preiswürdige Effizienz
Das Modehaus Ebbers in Warendorf gehört zu den preisgekrönten Teilnehmern des Modellvorhabens: Das Modegeschäft im Münsterland ist 1. Preisträger des Energie-InnovationsPreis.NRW 2018 in der Kategorie Energieeffizienz.
Das Modehaus setzt bereits seit Jahren konsequent auf die energetische Optimierung des Ladengeschäfts, welches sich über fünf Gebäude und acht Ebenen erstreckt. Dafür wurde die Haustechnik wie Wärme, Kälte, Klima, Licht und Luft zentralisiert und aufeinander abgestimmt. Ein neues Erdgas-Blockheizkraftwerk unterstützt die zentrale Wärmeversorgung. Für dessen gleichmäßige Auslastung sorgen fünf dezentrale Wärmespeicher. Im Dachgeschoss befindet sich eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Beleuchtet werden die Häuser durch moderne LED-Technik. Und auch für die Zukunft soll weiter auf Energieeffizienz gesetzt werden: So sind der Anschluss eines weiteren Nachbarhauses an die Nahwärmeversorgung, der Einsatz von Absorptionskälte, die Kühlung mit Wasser sowie die Stromerzeugung durch eine Photovoltaikanlage geplant. Es lohnt sich also ganzheitlich zu denken – auch und gerade in kleineren Einzelhandelsgeschäften.
Best Practice V: ALDI SÜD - Rundum energetisch saniert
Die ALDI SÜD-eigene Filiale im Südwesten Frankfurts wurde im Jahr 2000 mit einer Verkaufsfläche von knapp 750 m² bei einer Gesamtfläche von etwa 1.150 m² neu gebaut.
Der Anfang August 2018 wiedereröffnete Lebensmittelmarkt von ALDI SÜD spart aufgrund der umgesetzten Effizienzmaßnahmen mehr als 45 Prozent Energie ein. Der CO2-Ausstoß sank um mehr als 40 Prozent. Das Handelsunternehmen optimierte in der Filiale die Dämmung, ersetzte die zweifach verglasten Fenster durch Dreifach-Isolierverglasung und baute effiziente Wärmepumpen und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ein. Darüber hinaus wurden LED-Leuchten, Präsenzmelder zum automatischen Ein- und Ausschalten der Beleuchtung sowie neue Kühlmöbel angeschafft. Auf dem Dach der Filiale produziert eine Photovoltaikanlage Strom, der zu rund 80 Prozent direkt in der Filiale verbraucht wird.